Regierungserklärung Ministerin

Die neue Bundesregierung aus CDU, SPD und CSU hat mit der Vereidigung am 06.05.2025 ihre Arbeit aufgenommen. In der ersten regulären Sitzungswoche nach Antritt der neuen Regierung (KW 20) haben der Bundeskanzler und die die Ministerinnen und Minister ihre Regierungspläne vorgestellt. Wir blicken hier auf die Regierungserklärung der Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Verena Hubertz (SPD) vom 15.05.2025. Außerdem werden die Debattenbeiträge sowie die Reaktionen von außen (Verbände, NGOs, Wissenschaft) zusammengefasst.

Redeschwerpunkte der Ministerin

Zentrale Aussagen:

  • Wohnen als soziale Frage: Hubertz betont, dass bezahlbares Wohnen keine Floskel, sondern der gesellschaftliche Auftrag sei.
  • Bauen als Mittel gegen Wohnungsnot und für Wirtschaftswachstum: Bauen soll nicht nur Wohnraum schaffen, sondern auch die Wirtschaft ankurbeln (12 % des BIP entfallen auf Bauinvestitionen).

Drei zentrale Prinzipien:

  • Tempo: Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.
  • Technologie: Nutzung von 3D-Druck, seriellem Bauen, Holzbau.
  • Toleranz: Mehr Akzeptanz für Nachverdichtung und neue Bauflächen.

Weitere Punkte:

  • Wohnungsbau-Turbo: Einführung von § 246e BauGB zur schnelleren Baulandmobilisierung.
  • Sozialer Wohnungsbau: 3,5 Mrd. € Fördervolumen jährlich; Ziel: mehr bezahlbare Wohnungen.
  • Verlängerung der Mietpreisbremse gemeinsam mit Bundesjustizministerin Hubig.
  • Städtebauförderung: Mittel sollen verdoppelt werden, Beispiele wie „Grüner Boulevard“ in Koblenz-Neuendorf genannt.

Abschließend appelliert sie in ihrer Rede für mehr Kreativität und politische Zusammenarbeit; lieber an Lösungen arbeiten und nicht an Ideologien.

Debattenbeiträge im Überblick

Esra Limbacher (SPD)

  • Unterstützt Hubertz’ Kurs und kritisiert die AfD für fehlende Lösungen.
  • Betont Wohnen als soziale Aufgabe.
  • Setzt auf „pragmatische Politik mit Haltung“.
  • Will Kommunen durch Entschuldung stärken.

Für die CDU/CSU sprechen Dr. Jan-Marco Luczak, Mechthild Heil und Michael Kießling

  • Unterstützt Hubertz’ Ziel „bauen, bauen, bauen“.
  • Fordert bundesweiten Wohnungsbau-Turbo ohne übermäßige Regulierung.
  • Will Standards senken, insbesondere mit Gebäudetyp E (einfaches Bauen).
  • Kritisiert frühere Ampel-Politik; begrüßt neue Regierungskoalition als handlungsfähig.
  • Mechthild Heil verteidigt Hubertz gegen persönliche Angriffe.
  • Will Förderung vereinfachen und mehr Produktivität durch Digitalisierung.
  • Betonung auf seriellem und klimafreundlichem Bauen, aber ohne zusätzliche Kostenbelastung.
  • Michael Kießling unterstützt Hubertz und die neue Koalition.
  • Schwerpunkt: Senkung von Erstellungskosten, Produktivitätssteigerung durch Digitalisierung und serielles Bauen.

Für Bündnis 90/Die Grünen Kassem Taher Saleh und Hanna Steinmüller

  • Betont Bestand statt Neubau: Ausbau von Dachgeschossen, Büronutzung.
  • Kritisiert Fokussierung auf Neubau („bauen, bauen, bauen“ sei nicht genug).
  • Verteidigt das Gebäudeenergiegesetz als langfristig sinnvoll.
  • Hanna Steinmüller betont Vielfalt der Wohnformen und gesellschaftliche Realität.
  • Warnt vor „Bauen um jeden Preis“.
  • Forderung: kluge Förderung mit Vorgaben (Miethöhe, Sozialbindung, Barrierefreiheit).

Für die LINKE debattieren Caren Lay und Katalin Gennburg

  • Kritisiert Neubaufokus („das Falsche gebaut“).
  • Fordert Mietenstopp, Mietendeckel, und einen gemeinnützigen Wohnungssektor.
  • Vermisst in der Koalition soziale Ausrichtung.
  • Will Wohnungen von Spekulation entkoppeln („Wohnungen gehören nicht an die Börse“).
  • Katalin Gennburg kritisiert „Wohnungsbau-Turbo“ als Angriff auf demokratische Planung.
  • Fordert mehr kommunalen Wohnungsbau, Enteignungsmöglichkeiten und umfassende Bauwende.

Sebastian Münzenmaier und Marc Bernhard von der AFD:

  • Angriff auf Hubertz’ Qualifikation und politische Positionen.
  • Fordert Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes.
  • Will Grunderwerbsteuer für Deutsche abschaffen.
  • Erneut: starke migrationskritische Aussagen → „Abschieben schafft Wohnraum“.
  • Marc Bernhard kritisiert die SPD für hohe Bau- und Mietkosten (u. a. durch Energieauflagen).
  • Spricht von „Klima- und Vorschriftenwahn“ als Ursache der Krise.
  • Fordert Abschaffung der CO₂-Steuer, Dämmpflichten, Grundsteuer.
  • Macht Zuwanderung für Wohnungsengpässe mitverantwortlich.
  • Nutzt Begriff „Remigration“ → Rüge durch die Sitzungsleitung.

Reaktionen von außerhalb des Parlaments

Bau- und Wohnungswirtschaft

GdW – Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen begrüßt die angekündigten Maßnahmen als „überfällig“ und fordert eine zügige Umsetzung. Präsident Axel Gedaschko betont, dass die Entschlackung der Bauvorschriften und die Einführung des § 246e BauGB wichtige Schritte seien. Allerdings mahnt er, dass „Tempo beim Bauen nicht zur politischen Formel verkommen“ dürfe, sondern konkrete Handlungen folgen müssten.

BFW – Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen unterstützt die Pläne der Ministerin, insbesondere die Fokussierung auf bezahlbaren Wohnraum. Der Verband betont die Notwendigkeit, die Rahmenbedingungen für private Investoren zu verbessern, um den Wohnungsbau anzukurbeln.

Beim BVMB – Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen zeigt man sich erfreut über die Ankündigungen und fordert, dass der „Bau-Turbo“ höchste Priorität erhalten müsse. Hauptgeschäftsführer Michael Gilka bezeichnt die Aussagen der Ministerin als ermutigendes Signal für die Branche.

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie äußert sich zurückhaltend optimistisch. Trotz der angekündigten Maßnahmen erwartet die Bauindustrie für 2025 einen Umsatzrückgang von etwa 1 % im Bauhauptgewerbe. Die Branche hofft, dass die politischen Initiativen bald konkrete Verbesserungen bringen.

Planungs- und Architektenverbände

Die Bundesingenieurkammer (BIngK) begrüßt die Zusammenarbeit mit Ministerin Hubertz und betont die Bedeutung, das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates bei Infrastruktur und Wohnungsbau zurückzugewinnen. Auch die Bundesarchitektenkammer (BAK) unterstützt die Initiative „Impulse für den Wohnungsbau“ und hebt die Notwendigkeit, Qualität und Baukultur trotz beschleunigter Verfahren nicht zu vernachlässigen.

Umwelt- und Sozialverbände

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) äußert Bedenken hinsichtlich der geplanten Entschlackung von Bauvorschriften und warnt davor, dass Umweltstandards nicht untergraben werden dürften. VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht die Betonung auf „einfaches und unbürokratisches Bauen“ schon zulasten der Barrierefreiheit gehen. Sie betont, dass Barrierefreiheit kein „Schnickschnack“, sondern essenziell sei.

Wissenschaft und Baukultur

Die Bundesstiftung Baukultur hebt hervor, dass die geplanten Maßnahmen nur dann erfolgreich sein könnten, wenn sie mit einer hohen Baukultur und nachhaltigen Stadtentwicklung einhergehen. Die Fachzeitschrift DETAIL gibt zu bedenken, dass urbaner Wohnungsbau nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ hochwertig sein müsse, um langfristig erfolgreich zu sein.

Einordnung

Die Riege der “BauministerInnen” – mit Klara Geywitz gab es in der zurückliegenden Legislaturperiode seit langer Zeit wieder ein rein zuständiges Ministerium; davor war das Bauen u.a. im Innenministerium angegliedert – die die Losung ausgegeben haben “bauen, bauen, bauen”, ist ziemlich lang. Das allein reicht offenbar schon lange nicht aus. Die beiden Top-Herausforderungen für die neue Ministerin sind der (soziale) Wohnungsbau und die Planungsmodalitäten für alle Bauwerke – von der Infrastruktur bis zur Zwei-Zimmer-Wohnung.  Hinzu kommt bei der Stadtplanung das Fitwerden der Städte für oder mit dem Klimawandel. Stichworte hier sind Verschattung, Begrünung und ein wirklich wirksames Regenwassermanagement.

Der Umgang mit dem Gebäudebestand ist das A&O. Expertinnen und Experten betonen immer wieder, dass Deutschland fertig gebaut ist. Jetzt heißt es, den Bestand zu pflegen, energetisch zu ertüchtigen und vor allem umzunutzen. Leerstand – insbesondere im gewerblichen Umfeld – nutzt niemandem. Der Umbau spart jede Menge sog. graue Energie (Gebäudeerstellung) und nutzt die schon vorhandenen Ressourcen. Den Neubau kann man vereinfachen (Gebäude-Typ E). Aber ohne den Bestand nicht einfacheren Regeln zu unterwerfen, wird es nicht gehen.

Quelle für die o.g. Debatte: 

Protokoll des Deutschen Bundestages vom 15.05.2025 (LINK)

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